TRADTÖCHTER
TRADTÖCHTER

TRADTÖCHTER

Traditionelle Tanzmusik aus Deutschland in gepfefferten Arrangements, textstarke Volkslieder und groovige Eigenkompositionen bestimmen das Repertoire des Berliner Duos. Vivien Zeller und Ursula Suchanek begeistern mit einem kraftvollen neuen Geigensound voll kreativer Virtuosität und voller Überraschungen.
Die Lieder erzählen Geschichten von Liebe, Lust und weiblichem Begehren, wilden Ausschweifungen und faulen Äpfeln. Sie faszinieren durch Sprachbilder vergangener Zeiten, Lebenslust und ja: unschuldige Freude an der Erotik. Sanft und wild „strahlen sowohl Gesang als auch Geigenspiel ein Art trotzige Frechheit aus oder auch Stärke und gesundes Selbstbewusstsein“, schrieb die Zeitschrift Folker über die Musik des Duos. Alle Stücke und Lieder der Tradtöchter sind tanzbar, denn beide Musikerinnen sind auf dem Tanzboden zu Hause und unterrichten neben traditioneller Tanzmusik auch deutsche Volkstänze und Balfolk-Tänze. Das Debüt-Album „Liebeslieder im Rahmen der Möglichkeiten“ erschien 2018.

Die Musik und der Tanz entstehen im Moment und sind ein einzigartiges gemeinsames Erlebnis für Musiker und Tänzer. Es ist abhängig vom Moment und nicht abrufbar, wie ein klassisches Musikstück, das gut geübt ist. 

Vivien Zeller von TradTöchter

Was fasziniert dich an traditioneller Musik?
Vivien Zeller: Traditionelle Musik hat damals wie heute hautpsächlich eine soziale Funktion. Es geht darum, miteinander etwas schönes zu erleben und im Austausch zu sein. Unbekannte können miteinander in der Session oder beim Tanz in Kontakt kommen und Spaß haben – Musik, Lieder oder Tanzveranstaltungen werden von allen gemeinsam kreiert. Die Stücke sind einfach, aber von einer besonderen Qualität: Sie können lange gespielt werden ohne langweilig zu werden. Sie drücken Emotionen aus, sind energetisch, lustig oder melancholisch. Es ist möglich, mitzuspielen, ohne Musik studiert zu haben. Die Musik und der Tanz entstehen im Moment und sind immer ein einzigartiges gemeinsames Erlebnis. Das ist abhängig vom Moment und nicht abrufbar, wie ein klassisches Musikstück, das gut geübt ist. Traditionelle Musik hat außerdem eine faszinierende Bandbreite von verschiedensten Stilen und lokalen Besonderheiten und folgt trotzdem der Mode durch die Jahrhunderte: Viele Stücke wanderten so durch ganz Europa. Sie verbindet überall Menschen auf die gleiche Art und Weise. Sie ist ein ganz eigenes Universum aus Verbundenheit trotz Verschiedenheit, transportiert Emotionen, kulturelle Besonderheiten, Zeitgeschehen, Information, Spaß und Lust. Sie ist für mich Heimat und Anker, wie die Lieblingspuppe eines Kindes, die lebendig und zum engsten Freund wird, wenn man ihr Geheimnisse ins Ohr flüstert. 

Welche Quellen für Tanzmusik nutzt ihr?
Für unsere Stückauswahl nutzen wir die originalen handschriftlichen Manuskripte von ehemaligen Tanzmusikern oder Tanzmusiksammlern. Danach suchen wir auch intensiv in Bibliotheken und Archiven. In diesen alten Handschriften sind unendlich viele wunderschöne Melodien und Tanzstücke enthalten, die wir so „naturgetreu“ wie möglich erhalten wollen, ohne unsere eigenen musikalischen Hintergründe außen vor zu lassen. Inspiriert von all dieser Musik, Reisen, Sessions und Gefühlszuständen schreiben wir auch unsere eigenen Stücke. Da wird es dann manchmal auch ganz schön modern. 

Woher nehmt ihr die Lieder in eurem Repertoire?
Die Lieder suche meistens ich aus. Ich bin mit deutschen Volksliedern groß geworden. Vielleicht kommt es daher, dass ich vor allem nach Liedern Ausschau halte, die ich noch nicht kenne und in denen es auch um ambivalente Gefühlswelten und Nöte geht. Manchmal bin ich berührt von den Volksliedern von Kollegen aus Tschechien und Polen und denke dann: So etwas muss es doch in Deutschland auch gegeben haben. Dann höre ich nicht auf zu suchen, bis ich etwas gefunden habe, das mich genauso berührt. Ich durchforste verschiedene alte Lieder- und Volksballaden-Sammlungen wie den Liederhort oder verschiedene Archive. Manchmal ist zu einem Lied nur ein Text erhalten, dann schreiben wir selbst eine Melodie dazu.

Wie geht ihr beim Arrangieren vor?
Manchmal bringt eine von uns ein Stück oder Lied mit einem groben Arrangement zur Probe mit, manchmal spielen wir einfach gemeinsam durch Tanzmanuskripte, bis wir von einem Stück begeistert sind. Manchmal haben wir sofort Ideen und fangen gleich an, Begleitstimmen und Akkorde zu finden, probieren alles mögliche aus und lachen viel. Manchmal gehen wir eher konzeptionell vor. Wir wollen den ursprünglichen Groove, Charme und Charakter des Stückes erhalten ohne unsere eigenen Vorlieben über Bord zu werfen: Wir lieben zum Beispiel spannungsvolle Harmonien und sich reibende zweite Stimmen bei Liedern. Ursula und ich sind außerdem stark beeinflusst durch die Popmusik der 80er, aber auch durch Blues, Punk, Improvisation, Neue Musik und moderne europäische Trad-Bands. Bei uns sind alle Ausdrucksmittel erlaubt, zupfen, klopfen, pfeifen, stampfen, Dissonanzen, Polyrhythmen und auch Kitsch. Unsere Arrangements sollen die emotionalen Inhalte der Liedern und Tänze transportieren und dabei groovig und tanzbar sein. Wir haben keine Schablone nach der wir vorgehen. Jedes Stück hat eine eigene Persönlichkeit und nur was uns hundertprozentig gefällt, kommt auch auf die Bühne.

Lieblingsstück

Sind die Lichter angezündet ist mein Lieblings-Weihnachtslied. Wir haben es im Zusammenhang mit dem Solidarischen Adventskalender 2020 arrangiert und aufgenommen. Die Aussage des Stückes ist der Wunsch nach Frieden und Glück. Das spricht mich sehr an, denn davon sind wir noch weit entfernt. Auch dieses Lied, wie alle unsere Arrangements, ist zum Tanzen gedacht und so hat Ursula dem Lied einen Ohrwurm-Walzer als Mittelteil geschenkt, der uns immer gute Laune bringt. In der dritte Strophe und im Solo haben wir die Harmonien geändert und Dissonanzen mit eingebaut, um unsere Emotionen auszudrücken, denn der Wunsch nach Frieden steht im Kontrast zu den real stattfindenden Kriegen, zu Flüchtlingselend und Tod. Und auch irgendwie auch zur derzeitigen Pandemie – die uns zur Zeit nicht mal Straßenmusik erlaubt. 

Lieblingslieder-Playlist (Youtube)

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