DeutschFolk-Festival – zu Gast beim Windros Festival | 08.-09.09.23
Von Peggy Luck
Ein Festival im Festival? Wie soll das gehen? Man nehme eine Handvoll hervorragender Acts, die sich auf völlig unterschiedliche Weise mit heimischer Tradition auseinandersetzen, eine kleine Garten-Bühne innerhalb eines wundervollen Festivals, ein großes Banner und einen Infostand und schon hat man ein DeutschFolk-Festival. Dieses Jahr spielten: David Lübke Trio (Hannover), Silja (Hamburg/Berlin), Tworna(Quohren bei Dresden), das Hanover Gang Projekt (Hannover), das Pipenbock-Orchester und Doc Fritz alias Tim Liebert (Jena).
Erfreuliche Bandbreite
Silja (niederdeutsch für Cäcilie, die Schutzheilige der Musik) begeisterten mit ihrer innovativen Mischung aus Pipes & Strings – der Dudelsack gibt den Ton an, legt sich aber in ein virtuoses Bett aus Klezmer-Geigenklängen und Gitarrenspiel. So lässt es sich unterhaltsam von der Heimat aus durch die europäische Tanztradition reisen.
Ähnlich unverstaubt und doch ganz anders kommen Tworna daher. Jessica Jaeckels expressive Stimme verleiht scheinbar bekannten Volksliedern völlig neue Facetten, während die Klangkulisse von Nyckelharpa, Rahmentrommel und Gitarre immer wieder von minimalistisch-jazzigen Ausbrüchen oder einsetzenden Effekten fragmentiert wird: Ein Labyrinth unter den Wurzeln eines Jahrtausende alten Baumes.
Der fahrende Sänger David Lübke mit seinem filigran-mitreißenden Banjo- und Gitarrenspiel erzählte Lieder aus dem Leben, in bester Liedermacher-Manier, huldigte aber auch Hannes Waders großem Hit „Heute hier, morgen dort“, der das Publikum animierte, mit einzustimmen. Dieses sowie seine eigenen Lieder wurden von feingewebten Saiten-Arrangements vervollkommnet.
Dudelsäcke und Singfreude
Exklusiv auf dem Windros Festival, diesmal als Teil des DeutschFolk-Festivals, spielte das Hanover Gang Projekt– eine Kooperation von Altami (Dudelsack, Geige, Saiten), mit E-Gitarrensounds und Bass, flapsiger Perkussion sowie einem Gastauftritt von David Lübke. Überraschend, groovy, spielfreudig das Pipenbock Orchester, Teil des Klöndör e.V. und damit sozusagen Gastgeber:innen des Festivals, erfreute das Publikum mit eineinhalb Dutzend Dudelsäcken/Schäferpfeifen. Ein tänzerischer Hummelschwarm, begleitet von Gitarre und Perkussion.
Tim Liebert alias Doc Fritz schmetterte mit einer großen Menge singfreudiger Menschen Volkslieder, die teilweise noch aus dem Revival der 70er/80er bekannt waren („Lauf, Müller lauf“). Auch Instrumente waren verschiedentlich vorhanden und bereicherten das gemeinsame Singen um Ukulelen-, Gitarrren- und Flötentöne.
Weltoffene Fete im Gemüsegarten
Das 3. DeutschFolk-Festival hat einmal mehr eindrucksvoll gezeigt, dass heimische Folklore so langweilig oder aufregend ist wie die Menschen, die sich mit ihr auseinandersetzen, mit ihr ringen, sie neu erfinden. Die Stimmung war fröhlich und offen, und der Schulgarten mit Gemüse aus Freilandhaltung ein stimmiger Rahmen für die Lieder und Tänze. DeutschFolk ohne Deutschtum – eine weltoffene Gartenfete.