Die beiden Dresdener Micha Schaufuß und Frank Menzer spielen Musik am liebsten ohne Strom und Kabel. Ohne Anspruch auf Perfektion und deshalb eine Einladung an alle, die alten Lieder mit- oder nachzusingen.
Meist sind es Lieder mit einem alltäglichen Bezug zur Arbeit, zur Liebe oder zu dem, was sonst noch eine Rolle im Leben spielt. Dabei ganz und gar nicht unromantisch, gern aber auch derb, direkt, mit einem köstlichen Humor und oft im regionalen Dialekt: Säggs`sche Lieder haben es dem Duo ganz besonders angetan.
Was ist euer musikalischer Hintergrund?
Micha Schaufuß: Frank bringt eine gediegene musikalische Ausbildung als Schlagzeuger mit. Gitarre erlernte er autodidaktisch. Zum Folk fand er bei einer gemeinsamen Session am Jahreswechsel 2004. Ich selbst bin reiner Autodidakt. Ich habe in den 70ern meine ersten Erfahrungen mit dem Folkrevival in der damaligen DDR gemacht und seitdem vergeblich nach Seelenverwandten gesucht – bis ich Frank bei besagter Session kennenlernte.
Was fasziniert dich an traditioneller Musik?
Mir gefällt die Unkompliziertheit und die Abwesenheit von Perfektion. Die Möglichkeit, an jedem Ort ohne irgendwelche technische Unterstützung musizieren zu können. Das Fehlen von Barrieren zum Publikum und die sich daraus ergebende Aufforderung an das Publikum, mitzusingen. Die Verwurzelung im Alltag der Menschen, der schöne Humor und die naive Ehrlichkeit der Gefühle. Die verblüffende Möglichkeit, junge Leute mit der alten Musik und den alten Texten vertraut zu machen und anzustiften, die Lieder ins Heute zu holen. Und nicht zu vergessen: Der Hang zum Dialekt, der in unserem Alltag oftmals belächelt wird, obwohl er ein unschätzbares Kulturerbe ist.
Welche Stücke sucht ihr aus?
Bei der Auswahl der Lieder stehen immer die Texte im Vordergrund. Da geht es zuallererst um Verständlichkeit, wir passen auch hier und da mal Texte an oder ergänzen sie mit einem Zeitbezug. Es kann auch schnell mal passieren, dass wir zu einem alten Text keine Melodie finden können und da selbst Hand anlegen.
Wie geht ihr beim Arrangieren vor?
Wir haben einen festen Grundsatz: Alles muss für uns überall, ohne Strom und Kabel und mit unseren begrenzten Möglichkeiten spielbar sein – zwei Stimmen und zwei Instrumente. Wir sehen das eher als Chance und feilen deshalb intensiv an Gesang, Harmonik und Tempo. Bei CD-Produktionen laden wir uns auch gerne Gastmusikanten ein. Aber auch die müssen sich dem Grundkonzept fügen und sind nicht das prägende Element, sondern eher das Salz in der Suppe.
Was wünscht du dir für die Deutschfolkszene?
Ich wünsche mir, dass Folkmusik nicht als konservativ im negativen Sinn wahrgenommen wird, sondern als ein wertvolles Erbe, das sich lohnt anzufassen. Dass die Musikanten dabei aber nicht unter dem Druck des akademisch Perfekten stehen. Dass wir wieder mehr unsere eigenen Lieder zu singen. Dass bei einem Festival wie dem TFF Rudolstadt der Deutschfolk einen festen Platz bekommt. Dass wir uns im gegenseitigen Respekt der Verschiedenheit besser vernetzen und unterstützen.
Lieblingslied
Friehzeitsch ist ein typisches Beispiel für das, was wir manchmal scherzhaft als „Folkslied“ bezeichnen: Es stammt ursprünglich aus Irland, kam im 19. Jahrhundert nach Deutschland und wurde 1911 von einem sächsischen Bergsteiger in der Hütte auf dem Bärenstein in der Sächsischen Schweiz umgedichtet. Diese Fassung wurde bei den Leuten der Region dann schließlich viel bekannter als das Original und konnte so die Zeiten überleben.
Der Charme des Liedes liegt in der schönen Gegenüberstellung von Freud und Leid, vor allem aber in kleinen Wortzeile „Ach, das is scheen!“. Typisch säggs´sch und für jeden Zuhörer spätestens ab der zweiten Wiederholung ein unbändiger Drang, mitzuschwärmen: „Ach, das is scheen!“. Für uns war das Lied Anstiftung, mehr Repertoire dieser Art aus unserer Region aufzustöbern.
Lieblingslieder-Playlist (youTube)
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